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Im Gespräch mit der HafenCity Hamburg GmbH

Für die Hamburger HafenCity spielt der Hochwasserschutz eine zentrale Rolle: Durch ihre direkte Lage an der Elbe ist sie bei Sturmfluten einem erhöhten Hochwasserrisiko ausgesetzt. Eine Gefahr, die durch den Klimawandel stetig zunimmt. Wir sprachen mit Jeff Marengwa und Philipp Jahnke von der HafenCity Hamburg GmbH über aktuelle und zukünftige Herausforderungen beim Schutz vor Hochwasser.

 

Wetterextreme mehren sich, in Mitteleuropa und anderen Teilen der Welt kommt es immer öfter zu Hochwasserkatastrophen. Auch Hamburg ist immer häufiger von Sturmfluten betroffen. Herr Marengwa, Herr Jahnke, Sie sind bei der HafenCity Hamburg GmbH die Experten für Hochwasserschutz: Welche Herausforderungen birgt der Hochwasserschutz für die Infrastrukturplanung in der HafenCity?

JM: Die HafenCity liegt direkt an der Elbe, einem Fluss, der über die Deutsche Bucht regelmäßig von Sturmfluten heimgesucht wird. Dadurch kann es zu Überschwemmungen, bei denen das Wasser an einigen Stellen über die Kaimauern sowohl an der Elbe als auch an den Hafenbecken tritt. Gleichzeitig stellt die direkte Wasserlage eine einzigartige Qualität des Stadtteils dar. Um sowohl dieser Qualität als auch dem Risiko gerecht zu werden, wurde das Warftprinzip angewandt. 

Was genau versteht man unter dem Warftprinzip?SE20241118_0504-Verbessert-RR_HighRes

JM:  Eine Warft ist im Wesentlichen eine künstlich angelegte, erhöhte Insel, die das Fundament für die darauf errichteten Gebäude bildet. Das Warftprinzip in der HafenCity bedeutet, dass das Gelände für das Straßenniveau soweit erhöht wurde, bis es über der Hochwassergrenze lag. Dieses Konzept wurde bereits vor über tausend Jahren auf den Halligen in der Nordsee dazu genutzt, sich vor Hochwasser zu schützen. In der HafenCity war es allerdings weder möglich noch gewünscht, das gesamte Areal auf ein hochwasserfreies Niveau zu bringen. Alle wichtigen Versorgungs- und Fluchtwege sowie die Wohn- lagen wurden auf dem Warftniveau angelegt, während die Promenaden auf dem Niveau der historischen Kais geblieben sind, die überflutet werden können.

Worin unterscheidet sich dieses Vorgehen von den Hochwassermaßnahmen in anderen Stadtteilen?

JM: Hamburg wird größtenteils durch eine Hochwasserschutzlinie geschützt, die aus Deichen und Schutzwällen besteht. 
Für die HafenCity hat man bewusst das Warftprinzip gewählt, um den einmaligen Bezug zur Elbe und zum Hafen erlebbar zu machen. Auf diese Weise fügt der Stadtteil Hamburg mehr als 10 Kilometer Promenaden am Wasser hinzu. Die 
Promenaden und Plätze auf dem historischen Niveau können und sollen bei Sturmflut zeitweise unter Wasser stehen. 
Die Gebäude werden zusätzlich durch hochwassersichere Fenster und Tore geschützt.

SE20241118_0127-Verbessert-RR_HighResPJ: Die städtebaulichen Anforderungen werden besonders deutlich, wenn man sich die benachbarte Speicherstadt ansieht. Auch sie befindet sich auf einem tiefliegenden, überflutungsgefährdeten Gelände. Zur Innenstadt hin gibt es Hochwasserschutztore, die die dahinterliegende Bebauung schützen. In Gewerbe- und Hafengebieten können auch Poller eingesetzt werden, die weniger hoch eingedeicht sind. Aber für ein mischgenutztes Gebiet mit hohem Wohnanteil, wie die HafenCity, mussten wir eine andere Lösung finden. Es wurde sichergestellt, dass man über die hochwassersicheren Rettungswege immer aus der HafenCity heraus und in sie hinein kann, wie etwa über die Freihafenelbbrücke oder die Oberbaumbrücke. Zusätzlich kann die Feuerwehr aber auch zum Beispiel die Kibbelstegbrücken nutzen, die durch die Speicherstadt hinter die hochwassersichere Linie der Innenstadt führen. Ohne das Warftprinzip hätte man frühzeitig einen Deich um die HafenCity ziehen müssen. Zudem hätte man auch Kanäle, Schleusen oder Wehre anlegen müssen. Das wäre es eine sehr teure Investition gewesen, die zudem die städtebauliche Flexibilität stark eingeschränkt hätte. Stellen Sie sich vor, Sie spazieren auf einer Promenade hinter einer hohen Schutzwand: Das wäre weder ästhetisch noch praktisch.

JM: Eine alternative Lösung, die in den 1970er Jahren diskutiert wurde, war der Bau eines Sperrwerks weiter stromaufwärts an der Elbe, um auf innerstädtische Hochwasserschutzanlagen zu verzichten. Doch ein Sperrwerk hätte den Hafen bei Sturmfluten immer wieder lahmgelegt. Ein Beispiel für ein solches Bauwerk ist das Maeslant-Sperrwerk in Rotterdam, dessen Tore die Größe des Eiffelturms haben. Ingenieurtechnisch beeindruckend, aber in der Elbe aufgrund der relativ häufigen Sturmfluten ungeeignet.

Sind die Schutzmaßnahmen in der HafenCity auch bei steigendem Meeresspiegel zukunftssicher?

JM: Der Hochwasserschutz in Hamburg hat seit der Flutkatastrophe in Wilhelmsburg höchste Priorität. Die Deichlinien 
werden immer wieder überprüft und angehoben. Für das Warftprinzip in der HafenCity und den neuen Stadtteil Grasbrook gilt das ähnlich. Zunächst wurde ohnehin mit einer Reserve geplant. Zudem wurde das Schutzniveau in der HafenCity im Laufe der inzwischen mehr als 20jährigen Entwicklung von ursprünglich 7,50 Metern über Normalnull auf 8,30 Meter im östlichen Teil angehoben. Zum Vergleich: Das historische Niveau der Promenaden, das überflutet werden kann und soll, liegt bei 4,0 bis 5,5 m NHN.

PJ: Auf dem Grasbrook gehen wir sogar auf 9,70 m NHN. Einen absoluten Schutz vor Sturmflutkatastrophen gibt es allerdings mit keiner Bautechnik. Daher ist es wichtig, sich mit dem unvermeidbaren Restrisiko ständig auseinanderzusetzen. Das tun wir in Zusammenarbeit mit Universitäten und Behörden. 

JM: Sollten künftige Anpassungen notwendig sein, könnten diese durch neue Bauprogramme umgesetzt werden – das 
wäre möglicherweise ein Infrastrukturprogramm für unsere Kindeskinder. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

 

Unsere Interviewpartner

Jeff Marengwa

In seiner Rolle als Bereichsleiter für Integrierte Planung und Realisierung im Infrastrukturbau legt Jeff Marengwa
die Grundlage für die Erschließung der HafenCity sowie der anderen Stadtentwicklungsgebiete in der Verantwortung der HafenCity Hamburg GmbH. Gemeinsam mit einem Team aus städtebaulichen Planern entwickelt er optimale Erschließungskonzepte für Straßen, Wege und Ingenieurbauwerke wie Brücken und Kaimauern.

Philipp Jahnke

Philipp Jahnke bringt als Projektleiter seine Expertise in verschiedenen Fachdisziplinen ein und begleitet Projekte 
durch sämtliche Planungs- und Ausführungsphasen. In sein vielfältiges Aufgabenspektrum fallen zum Beispiel 
die Ausschreibung und Betreuung von Erdbauarbeiten bis hin zur Organisation von Architekturwettbewerben.

Fotograf: Sebastian Engels

 

 

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Daniel Steinmetz

Leiter Unternehmenskommunikation